KURSWECHSEL TIEFE HIRNSTIMULATION
KLARE ORIENTIERUNG IN RICHTUNG ZUKUNFT
Die Tiefe Hirnstimulation (THS / DBS) ist eine nachgewiesen effektive Therapie für Patienten mit Bewegungsstörungen.1,2 Die Weiterentwicklung dieses seit über 25 Jahren angewandten neurochirurgischen Eingriffs hat sich als sichere und effektive Behandlungsmethode3 für die motorische Symptomatik erwiesen. Denn hier kann der Behandlungserfolg bei progredientem Krankheitsverlauf unter medikamentöser Therapie nachlassen4, und es kommt für die Betroffenen zu einer erheblichen körperlichen Beeinträchtigung und psychischen Belastung. THS erzielt deutliche Verbesserungen der Mobilität und erhöht damit die Lebensqualität bei Parkinson-Patienten. Gleichzeitig kann die Medikamentengabe signifikant reduziert werden.2
- Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, 27ff. © DGN 2021
- Leitlinie Idiopathisches Parkinson-Syndrom, 50ff. 2016. Leitlinie wird zur Zeit überarbeitet.
Einführung
Was ist die Tiefe Hirnstimulation?
Die Tiefe Hirnstimulation ist ein neurochirurgisches Verfahren, das bei der Behandlung von Bewegungstörungen helfen kann, die durch medikamentöse Therapie allein nicht wirksam kontrolliert werden können.
Mögliche Indikationen
1. Neurologische Indikationen
- Parkinson
- Essentieller Tremor
- Dystonie
- Epilepsie*
2. Psychiatrische Indikationen
- Zwangsstörungen*
- Tourette*
3. Weitere Indikationen
- Alzheimer (ADvance II Studie)
- Anorexie*
- Adipositas*
- Alkoholabhängigkeit*
*nicht zugelassen; Wirksamkeitsstudien laufen
Zusammenfassung Tiefe Hirnstimulation 1,2
Nicht experimentell
Nicht die letzte Option
> 200.000 therapierte Patienten3
THS kann helfen bei:
Primären motorischen Symptomen der Parkinson-Krankheit (z. B. Tremor, Bradykinesie, Steifigkeit)
Reduktion von Medikamenten
Komplikationen wie motorischen Fluktuationen (oder Nachlassen der Wirkung) und Dyskinesie
- Weaver F, Follett K, Stern M, et al. Bilateral deep brain stimulation vs best medical therapy for patients with advanced Parkinson’s disease. JAMA 2009; 301: 63–73
- Kara, Beasley, DO. “Common Misconceptions about Deep Brain Stimulation.”, BNA Copyright 2019. Accessed May 2020. https://www.bnasurg.com/common-misconceptions-about-deep-brain-stimulation
- The impact of deep brain stimulation on personality, identity, and relationships in neurological and psychiatric conditions Thomson, C. et al. Brain Stimulation: Basic, Translational, and Clinical Research in Neuromodulation, Volume 12, Issue 2, 500
- Knoop et al. Bridging the gap in patient education for DBS surgery for Parkinson’s disease. Parkinson’s Disease. 2017. 2017: 1-6.
THS – warum, wann, für wen?
Langzeit-Medikation und Anstieg von Nebenwirkungen
ON/OFF Fluktuationen bei L-DOPA Behandlung
References: Mayo Clinic, 2021; Michel J Fox Foundation, 2021.
Wann kann ein Patient von THS profitieren?
Therapiefenster für THS1
Erhöhter Bedarf an Medikation
Potenzieller THS-Kandidat
- Hat idiopathische Parkinson-Krankheit
- Reagiert auf eine dopaminerge Therapie
- ON/OFF-Fluktuationen, die in Frequenz und Amplitude zunehmen
- Lästige Dyskinesie
- Refraktärer Tremor
Kein THS-Kandidat
- Leidet an Demenz
- Hat medizinische Bedingungen, die eine Operation verhindern
- Die Parkinson-Krankheit ist im fortgeschrittenen Stadium
1. Okun, M., Fernandez, H. and Foote, K Who is a Candidate for DBS? Center for Movement Disorders and Neurorestoration. Florida. http://movementdisorders.ufhealth.org/for-patients/deep-brain-stimulation-information/who-is-a-candidate-for-dbs/ Accessed 24OCT2018
Welcher Patient ist für eine THS geeignet?*
Mittleres Krankheitsstadium (< 60 Lebensjahre)
Fortgeschrittenes Krankheitsstadium
- Definitive Diagnose einer idiopathischen Parkinson-Erkrankung ohne Hinweise auf ein sekundäres oder atypisches Parkinson-Syndrom
- Erkrankungsdauer > 4 Jahre
- Exzellentes Ansprechen auf L-DOPA (>50 % standardisierten L-DOPA-Test)
- Erkrankungsdauer >10 Jahre
- Gutes Ansprechen auf L-DOPA (>33 % im standardisierten L-DOPA-Test)
- Motorische Wirkfluktuationen
- Keine relevanten kognitiven Defizite (Mattis-Score >130)
- Keine relevante Komorbidität
- Keine manifeste Depression (Major-Depression, Beck Depression Score II <25) oder andere psychiatrische Kontraindikationen
- Keine neurochirurgischen Kontraindikationen
- Magnetresonanztomographie des Hirns ohne signifikante strukturelle Läsionen
- Stabile soziale Situation und realistische Erwartungen an die Operation
- Zugang zu einem Zentrum mit einem erfahrenen multidisziplinären Team hinsichtlich Patientenselektion, Operation, Programmierung und Nachsorge
*Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)(2016) S3-Leitlinie: Idiopathisches Parkinson-Syndrom – Langversion. In., vol.
THS – Entscheidungshilfe Therapie-Eskalation1
Kriterium | Apomorphin s.c.-Pumpe | L-Dopa per Jejunalsonde | Tiefe Hirn-Stimulation |
---|---|---|---|
Alter < 70 Jahre | ++ | ++ | ++ |
Alter > 70 Jahre | + | ++ | - |
Leichte bis mäßige Demenz | + | ++* | - |
Schwere Demenz (MME < 10) | +** | +** | --- |
Tremor (pharmakoresistent) | - | - | +++ |
Medikamentös induzierte Psychose | + | ++ | ++ |
Testbarkeit des Verfahrens | +++ | + | --- |
Unabhängigkeit des Patienten | ++ | + | +++ |
Bedienbarkeit durch Patienten | - | + | 0 |
Betreuungsumfeld nicht vorhanden | -- | -- | + |
Vermeidung chirurgischer Komplikationen | 0 | - | --- |
1. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)(2016) S3-Leitlinie: Idiopathisches Parkinson-Syndrom – Langversion. In., vol.
* bei Neigung zu Psychosen ** Einzelfallentscheidung: cave Agitiertheit
+++ sehr gut ++ gut + mäßig gut - nicht geeignet/unvorteilhaft
— sehr ungeeignet/relative Kontraindikation — absolut ungeeignet/strenge Kontraindikation
0 unzutreffend/keine Angaben
Vorteile und Risiken¹
Vorteile
- Gute Wirkung gegen motorische off-Phasen und Überbewegungen
- Verbesserung der Lebensqualität
- verbesserte Mobilität
- Stimulationswerte können den Erkrankungssymptomen angepasst werden
- Nachhaltige Wirkung über einen langen Zeitraum
- Besserung der Schlafqualität
- Besserung der Blasenqualität
- Medikamente können in der Regel um die Hälfte reduziert werden
- Guten Effekt auf den Tremor
Risiken
- Invasive Methode mit Operationsrisiken (Mortalität 0,12% - 0,4%, symptomatische Blutungen 1,6% - 5%, Infektionen des Stimulator Systems 4,5 - 15 %)
- Stimulationsbedingte und durch Medikamentenreduktion bedingte NW:
- Apathie und Depression 3-50%
- Leichte Störungen der Wortflüssigkeit
- Erhöhte Suizidrate
- Gewichtszunahme
- Soziale Maladaptation
1. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)(2016) S3-Leitlinie: Idiopathisches Parkinson-Syndrom – Langversion. In., vol.
Klinische Daten
Langzeit-Therapieerfolge der Tiefen Hirnstimulation*
Ein Wert unter der 100%-Linie impliziert eine Verbesserung, ein Wert über der 100%-Linie impliziert eine Verschlechterung des jeweiligen Parameters
* Witt, K. et al Nervenarzt 2017.
Motorische Fluktuationen bei Tiefer Hirnstimulation*
*Deuschl et al Lancet Neurology 2013
Verbesserung der Lebensqualität THS vs. Medikation*
*Deuschl et al NEJM 2006
Patientenmanagement
Patienten-Nachsorge
- Reha nach OP
- Nach-Programmierung im Zentrum
- Medikationsanpassung
- Standardversorgung bleibt beim niedergelassenen Neurologen
Wo gibt es Zentren, die THS anbieten?
Finden Sie hier eine Klinik, in der Sie und Ihre Patienten Kurs in Richtung Tiefe Hirnstimulation nehmen können.